Freitag, 18. September 2009

Von wegen!

Eigentlich würde ich mich viel lieber auf das Interview mit dem NRW-Ministerpräsidenten Rüttgers im Deutschlandfunk heute Mittag beziehen, aber ich kann kein Transkript finden. So verweise ich auf den Standard als Quelle, worum es geht: nämlich die Zustimmung des Bundesrates zum Begleitgesetz für den Lissaboner Vertrag. Dabei erscheinen mir 2 Dinge erwähnenswert.

Entgegen den Kommentaren, ist da noch nichts beschlossen. Der Bundespräsident muß das Gesetz noch unterschreiben und es muß im Bundesgesetzblatt erscheinen. Zuvor gibt es keine Gültigkeit. Ich zitiere mal aus dem obigen Link: "Gegen den Vertrag und die Begleit-Gesetze will so der frühere Thyssen-Chef Dieter Spethmann klagen, der bereits am ersten Verfahren vor dem Verfassungsgericht beteiligt war. Er moniert, die Integrationsverantwortung des Bundestags sei unzureichend ausgestaltet. Zudem fehle ein völkerrechtlicher Vorbehalt, wonach der Vertrag nur nach Maßgabe des Karlsruher Lissabon-Urteils vom Juni gelten solle, heißt es in einer Mitteilung. Spethmann will zudem mit einem Eil-Antrag die Ratifizierung des Vertrags vorerst stoppen lassen."

Aber was mich viel mehr stört, ist die öffentliche Fehlinterpretation durch Herrn Rüttgers, die ich leider aus dem Gedächtnis rekapitulieren muß. Etwas klingt in der obigen Quelle dennoch an: "Im Geiste des Föderalismus würden die Rechte der Bundestages und der Bundesrates gestärkt. Rüttgers betonte zum Urteil des Verfassungsgerichtes, es müsse auch weiterhin möglich sein, Neuland in der EU betreten zu können."

Erstens haben Klagende vor dem Bundesverfassungsgericht GEGEN (!) den Beschluß von Bundestag und Bundesrat die Rechte der beiden Kammern stärken müssen. Da braucht man schon viel Chuzpe, um sich weder bei den wahren Demokratieförderen zu bedanken oder sich gar dafür zu entschuldigen, daß einen das Bundesverfassungsgericht quasi zum-Jagen-tragen muß.

Das Zweite muß ich aus dem Gedächtnis rekapitulieren. Sinngemäß feiert Herr Rüttgers die Handlungsfähigkeit Deutschlands in der EU insbesondere bei der Übertragung von Rechten von den Nationalstaaten an die EU. Entweder unterschlägt er, oder will nicht verstehen, daß der Wähler = Volk = Souverän der Arbeitgeber und er als Ministerpräsident dem Wähler gegenüber Arbeitnehmer ist. Er ist beauftragt, für eine Legislaturperiode quasi die Geschäfte seines Bundeslandes zu führen, so wie die Bundesregierung es für die Republik macht. Der Knackpunkt: die Übertragung von Rechten auf die EU ohne Volksabstimmung. Er will meiner Meinung nach überhaupt nicht wahrnehmen (wie die meisten Politiker, welche dann gern zur Keule «antieuropäisch» greifen), daß der Arbeitnehmer nicht die Rechte seines Arbeitgebers weiterverschenken kann.

Und DAS ist mein Problem mit der ganzen Angelegenheit. Der Wähler wird entmündigt, indem seine Rechte beschnitten werden, ohne das er gefragt wird. Rechte werden auf die EU übertragen, also ihm und seiner Entscheidungsgewalt entzogen, ohne ihn darüber zu befragen. Das kann man ja so wollen, aber man muß das auch klar so benennen, damit der Souverän (= Volk) sich ggf. wehren kann. Statt dessen werden Konsequenzen des Vertrages unterschlagen, weil das erwartete Ergebnis den eigenen Planungen zuwiederlaufen würde.

Mehr dazu findet sich im "VT"-Blog Alles-Schall-Und-Rauch, allerdings vom emeritierten Professor für Öffentliches Recht an der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg in Nürnberg, Prof. Schachtschneider.



(Quelle)